Zeitstrahl

1880Der Friedhof in der Wiener Straße wird, nach dem mittelalterlichen Friedhof in der Gaswerkgasse und dem Friedhof am Turnerberg, als letzter in Krems errichteter jüdischer Friedhof eröffnet.
1894Die Synagoge in der Dinstlstraße wird eingeweiht. Die Errichtung, der ein langer Widerstand des Kremser Gemeinderates vorausgeht, geschieht nach Plänen des Architekten Max Fleischer. Zur der Zeit lebten rund 300 Jüd:innen in Krems.
1920Im Kremser Stadtpark wird das Sappeur- und Pionierdenkmal zur Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten errichtet.
1929Julius Raab hält als Landesführer der niederösterreichischen Heimwehr vor dem Sappeur-Denkmal eine Rede, bei der er der Sozialdemokratie mit ihrer Zerschlagung droht.
1930Anlässlich des Gauparteitags der NSDAP versammeln sich Bürger:innen unter dem Zeichen des Hakenkreuzes am Pfarrplatz.
1932NSDAP-Mitglied Karl Rohrhofer wird zum Kremser Bürgermeister gewählt. Krems ist damit die erste österreichische Stadt, in der die NSDAP den Bürgermeister stellt.
1933Das Amtsgebäude für das Kreisgericht Krems wird fertiggestellt. Der Architekt ist Franz Sturm, späterer Gauamtsleiter für Niederdonau.

5. März 1933Kanzler Engelbert Dollfuß schaltet durch einen Staatstreich das Parlament aus.  
26. Mai 1933Die Kommunistische Partei Österreichs wird von dem austrofaschistischen Regime unter Engelbert Dollfuß verboten.
19. Juni 1933Im Alauntal bei Krems verüben zwei SA-Männer einen Anschlag auf Hilfspolizisten, bei dem der Hilfspolizist Franz Blamoser ums Leben kommt. Unmittelbar nach dem Anschlag wird die NSDAP in ganz Österreich verboten.
14. Februar 1934Das austrofaschistische Regime verbietet die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs und ihre Organisationen.
1934Nach den Februarkämpfen werden vor allem Sozialdemokrat:innen und Kommunist:innen und in den folgenden Jahren bis zu 200 politische Gegner:innen im neuen Kreisgericht Krems inhaftiert.
1934Die Erzieherin und Widerstandskämpferin Therese Mahrer wird aufgrund ihrer politischen Aktivitäten für zwei Monate inhaftiert.
1935Die Erzieherin und Widerstandskämpferin Therese Mahrer wird aufgrund ihrer politischen Aktivitäten erneut für zwei Monate inhaftiert.
1936Der jüdische Friedhof am Turnerberg wird aufgrund massiver Schändungen aufgelassen. Die Toten werden auf den Friedhof in der Wiener Straße überführt.

12. März 1938Österreich wird Teil des Deutschen Reiches. Der „Anschluss“ wird von Adolf Hitler am Wiener Heldenplatz verkündet und durch eine undemokratische Volksabstimmung am 10. April 1938 bestätigt.
1938Zahlreiche der 30 von Jüd:innen geführten Geschäfte, darunter das Wäschegeschäft Neuner am Steinertor, werden geplündert und teils zerstört. Viele Eigentümer:innen veräußern ihre Betriebe oder werden zum Verkauf gezwungen.
1938Die Wandgemälde von Leopold Schmid, Herbert Dimmel und Gustav Steinschorn im Landesgericht Krems werden als „entartete Kunst“ deklariert und übermalt.
1938Nationalsozialist:innen kontrollieren vor den Toren der Tabakfabrik die Gesinnung der Arbeiter:innen.
1938Die Israelitische Kultusgemeinde ist gezwungen, die Synagoge an die NS-Stadtverwaltung zu übergeben. Bei der „Räumung“ des Tempels müssen die jüdischen Kremser:innen an einem demütigenden antisemitischen Spektakel teilnehmen.
1939Das STALAG XVII B Krems-Gneixendorf wird als eines der größten Kriegsgefangenenlager des „Dritten Reichs“ errichtet. Zeitweise waren hier bis zu 66.000 Kriegsgefangene unterschiedlicher Nationalität inhaftiert.
1940Das Stift Göttweig wird enteignet, das Museum der Stadt Krems übernimmt große Teile der enteigneten Kunstsammlungen. Nach Kriegsende werden sie zurückgegeben.
1940Der Brauhofsaal wird eröffnet. Er ist der einzige zivile Neubau, der von der NS-Regierung in Krems errichtet wurde.
30. September 1942Die kommunistischen Kremser Widerstandskämpfer Franz Zeller, Johann Hoffmann und Ferdinand Strasser werden in Wien hingerichtet.
1943Ernst Neuner, einer der Söhne des 1938 geplünderten und zerstörten Wäschegeschäfts Neuner, versorgt trotz des Risikos, selbst deportiert zu werden, bis Kriegsende Verwandte und Bekannte mit Essenspaketen, die er ins Konzentrationslager Theresienstadt schickt.
1942Die Tabakarbeiterin Leopoldine Puhl verweigert den Hitlergruß. Sie und weitere Mitglieder einer Widerstandsgruppe werden wegen „Hochverrats“ angeklagt und zu Haftstrafen bis zu fünf Jahren verurteilt.
1944Der Deserteur Richard Ott wird denunziert und bei der Festnahme vor der Kirche am Pfarrplatz auf der Flucht erschossen.
2. April 1945Der Bahnhof Krems wird Ziel eines Luftangriffs der US-amerikanischen Armee. Rund hundert Zivilist:innen werden Opfer des Bombenangriff.
5.–13. April 1945Die Rote Armee besiegt die Nationalsozialist:innen in Wien.
6. April 1945Im Gefängnis Stein und Umgebung begehen SS, Waffen-SS und die Wehrmacht unter dem Vorwand der Niederschlagung einer Revolte ein Massaker an rund 600 freigelassenen Gefangenen. Sie erhalten Unterstützung von der lokalen Gendarmerie, Volkssturmtrupps und der Bevölkerung.
6. Mai 1945Gauleiter Hugo Jury hält zwei Tage vor Kriegsende beim Sappeur- und Pionierdenkmal eine lobpreisende Rede auf den bereits toten Diktator Adolf Hitler.

9. Mai 1945Die Rote Armee befreit das Kriegsgefangenenlager STALAG XVII B Krems-Gneixendorf.
1945Die Erzieherin und kommunistische Widerstandskämpferin Therese Mahrer wird zur ersten Stadträtin in Krems gewählt.
1946Das Griechische Antifaschistische Komitee Wien errichtet gegenüber des Gefängnisses Stein ein Denkmal für die rund 150 griechischen Häftlinge, die beim Massaker am 6. April 1945 ermordet wurden.
1947Die sowjetische Verwaltung lässt 1.640 im Waldfriedhof des STALAG XVII B bestattete sowjetische Kriegsgefangene auf den Südtirolerplatz umbetten. Im Zentrum der Stadt wird ihnen ein Denkmal in Form eines Obelisken mit einem roten Stern gewidmet.
1950Am Friedhof Stein wird ein Grabmal für die beim Massaker von Stein am 6. April 1945 Ermordeten errichtet.
1952Die Israelitische Kultusgemeinde Wien fordert die 1938 enteignete Synagoge erfolgreich zurück.
1959Der Kameradschaftsbund St. Pölten-Krems errichtet ein Denkmal für den Wehrmachtgeneral Karl Eibl an der Wachaubrücke bei Krems. In den 1970er Jahren wird es an seinen aktuellen zentralen Platz am Stadtpark übersiedelt.
1960Die am Südtirolerplatz bestatteten sowjetischen Kriegsgefangenen werden exhumiert und am Kremser Friedhof beigesetzt. Das Denkmal und die Grabstätte im Zentrum der Stadt werden aufgelöst.
1969Max Thorwesten, der nach dem „Anschluss“ 1938 fünf Jahre lang Bürgermeister von Krems war, wird erneut gewählt und übt das Amt des Bürgermeisters für weitere sieben Jahre aus.
1971Am Jüdischen Friedhof in der Wiener Straße in Krems finden die bis heute letzten Beisetzungen statt.
1978Die Synagoge wird abgerissen. An der Stelle des Bethauses steht heute ein Wettbüro.
1982Leopold Schmid legt seine 1938 als „entartete Kunst“ übermalten Gemälde im Landesgericht Krems wieder frei und erneuert sie.
1990Eine Gasse in Krems wird nach der Heimatdichterin Maria Grengg benannt. Sie war Mitglied der NSDAP und bekundete offen ihre Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus und ihre Verehrung für Adolf Hitler.
1993Der Brauhofsaal wird abgerissen. Er macht Platz für ein großes Einkaufszentrum.
1995Der Künstler Hans Kupelwieser gestaltet eine künstlerische Arbeit für den jüdischen Friedhof, die in Form von Ausfräsungen auf einer Metallschiene die Namen der 127 vertriebenen oder ermordeten jüdischen Kremser:innen nennt.

1998Die Historikerkommission der Republik Österreich erhält den Auftrag zur Aufarbeitung von Zwangsarbeit, Vermögens­entzug im Nationalsozialismus und Restitutionen nach 1945.
2000Der Künstler Christian Gmeiner markiert mit vier Tafeln, aus denen ein „?“ herausgeschnitten ist, die Eckpunkte des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers STALAG XVII B.
2004Das Künstlerduo Clegg & Guttmann installiert mit der Arbeit The Jewish Metaphysics of Death drei öffentliche Bücherschränke am Jüdischen Friedhof.
2015Der Verbindungsweg von der Steiner Landstraße zur Steiner Donaulände wird nach dem griechischen Widerstandskämpfer Gerasimos Garnelis benannt.
2015Die polnische Regierung errichtet am Friedhof Stein ein Denkmal für die polnischen Opfer des Massakers von Stein am 6. April 1945.
2016Ein Denkmal für Julius Raab wird anlässlich des 60. Jubiläums des Staatsvertrags im Kremser Stadtpark errichtet.
2019Der Franz-Zeller-Platz, der einzige nach einem Widerstandskämpfer benannte Platz in Krems, wird in Museumsplatz umbenannt.
2021Als eine der ersten Initiativen des Kremser Historiker:innenbeirats wird eine Zusatztafel am Karl-Eibl-Denkmal angebracht, die Eibls Rolle als General der Wehrmacht thematisiert.
2021Ein Park wird nach Hedwig Stocker benannt, die in der Zeit der nationalsozialistischen Regierung als Gefängniswärterin die Flucht von politischen Häftlingen vorbereitete und unterstützte.
2021105 gemalte Teppiche werden mit Leimfarbe auf die Gehsteige und Straßen von Krems aufgetragen. Die Arbeit Ich bin hier von Iris Andraschek erinnert an jüdische Frauen, die von den Nationalsozialist:innen aus Krems und Umgebung vertrieben und ermordet wurden.
2021Die nach der Nationalsozialistin benannte Maria-Grengg-Gasse wird in Margarete-Schörl-Gasse umbenannt, die als Reformpädagogin in Krems tätig war.