Straßen, Gebäude, Orte speichern Geschichte und Geschichten. Wenn wir sie verfallen lassen oder gar beseitigen, löschen wir die Spuren unserer eigenen Geschichte. Das mag gelegentlich im politischen Interesse liegen. Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialist:innen in Österreich 1938 zerstörten diese ein Denkmal, das im Alauntal nahe Krems an ein Attentat erinnerte, das SA-Männer an austrofaschistischen Hilfspolizisten begangen hatten. Das Zerstören historischer Spuren bleibt symptomatisch für das Geschichtsbewusstsein einer Gesellschaft.
Die Synagoge hatte in Krems das Novemberpogrom 1938 und den Bombenkrieg 1945 überstanden. Nach dem Krieg wurde sie an die Israelitische Kultusgemeinde Wien restituiert, die das Gebäude in den 1970er Jahren verkaufte. Die Stadt genehmigte 1976 den Abbruch. An der Stelle des Bethauses steht heute ein Wettbüro.
1938 wurde Krems „Gauhauptstadt“ von Niederdonau. Um der neuen Rolle gerecht zu werden, fehlte jedoch ein Versammlungsort. Noch im selben Jahr wurde deshalb ein Hallenbau als Erweiterung des Gasthofs Brauhof geplant. Der Brauhofsaal wurde zwei Jahre später eröffnet. Hier fanden auch Konzerte und Theateraufführungen statt. Der eigentliche Zweck dieser Halle bestand aber darin, viele Menschen zu versammeln und sie durch suggestive, theatralische Inszenierungen in folgsame Anhänger:innen des Regimes zu verwandeln.
Die wenigen erhaltenen Fotos zeigen eine mit Hakenkreuz geschmückte Bühne, wehende Fahnen, eine jubelnde Masse mit hochgereckten Armen. Als 1993 der Brauhofsaal einem Einkaufszentrum weichen musste, wurden auch diese Spuren gelöscht.